Der Bundesgerichtshof hat jüngst darüber entschieden, unter welchen Voraussetzungen eine Prostituierte als Arbeitnehmerin anzusehen ist und der Arbeitgeber demzufolge Sozialversicherungsbeiträge abführen muss.

Ein Bordellbetreiber hatte lediglich Einnahmen aus Zimmervermietung erklärt. Tatsächlich haben die von ihm akquirierten und zum Gewerbeamt begleiteten Damen keine Zimmermiete gezahlt, sondern 40 % ihrer Einnahmen an den Bordellbetreiber abgegeben.

Den Prostituierten war es untersagt, einen eigenen Kontakt zum Kunden zu haben. Sie durften auch nicht über Art und Preis der Dienstleistung verhandeln. Das hat alles der Bordellbetreiber übernommen.

Das Landgericht Kleve verurteilte B deswegen wegen Steuerhinterziehung (548.478,00 €) und wegen Arbeitnehmerbeitragshinterziehung gem. § 266a StGB (721.955,00 €) zu einer Gesamtfreistrafe von einem Jahr und zehn Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt worden ist.

Wesentlich für die Einordnung als Arbeitnehmerinnen waren die Kriterien, die seit jeher vom Bundessozialgericht aufgestellt worden sind. Danach handelt es sich um eine abhängige Beschäftigung, wenn eine Person in einem fremden Betrieb eingegliedert ist und sich dabei hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung einem umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers ausgesetzt sieht. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.

Wenn wie häufig Tätigkeiten sowohl in abhängiger Beschäftigung als auch in selbständiger Tätigkeit ausgeübt werden, ist die rechtliche Einordnung von der konkreten Gestaltung der jeweiligen Tätigkeit abhängig. Es kommt also nicht auf die Schriftenlage an, sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse.

Maßgeblich für die Einordnung als Arbeitnehmerinnen war im vorliegenden Fall, dass die Prostituierten weder die Preise noch die Art der Dienstleistung mit den Kunden selbst abgesprochen haben. Sie durften mit dem Kunden auch gar nicht selbst verhandeln.

Die Steuerschuld wurde geschätzt. Bekanntlich kann auch im Strafverfahren der Steueranspruch der Höhe nach geschätzt werden.

Im vorliegenden Fall hatte das Landgericht Kleve zu Unrecht die Sozialversicherungsbeiträge nicht als Betriebsausgaben erfasst und damit den Hinterziehungsbetrag falsch berechnet. Der Berücksichtigung der fiktiv anfallenden Sozialversicherungsbeiträge stand auch nicht das Kompensationsverbot entgegen.

Ich hoffe, Sie konnten mit meinem Beitrag einen Einblick zum Thema „Prostituierte als Arbeitnehmerin“ erhalten. Melden Sie sich gern, wenn Ihnen etwas unklar ist oder Sie Rückfragen haben.

Ihr Carsten Sewtz

Fachanwalt für Steuerrecht & Steuerstrafrecht aus Leipzig