Die Verhängung von Untersuchungshaft ist die einschneidendste Maßnahme des Staates, die den Bürger treffen kann. Untersuchungshaft trifft die Betroffenen viel härter als die Verhängung von Strafhaft. Denn während der Strafhaft eine lange Zeit der inneren Vorbereitung, ein langes Gerichtsverfahren mit meist mehreren Instanzen und einer anschließenden Ladung zum Strafantritt vorhergeht, trifft einen die Untersuchungshaft völlig unvorbereitet. Man wird verhaftet und kann noch einmal einen Anwalt anrufen (welchen Anwalt?) und ist dann in einer Gefängniszelle abgeschnitten von der Außenwelt.

Nicht selten verliert der Mandant durch die Verhängung von Untersuchungshaft die wirtschaftliche Existenz, denn ein Unternehmer oder Freiberufler kann selten einfach mal wochenlang von der Bildfläche verschwinden.

Genau diesen Umstand nutzen die Strafverfolgungsbehörden aus.

Ein ganz furchtbarer aber dennoch wahrer Merksatz für Juristen lautet:

U-Haft schafft Rechtskraft.

Damit ist nicht weniger gemeint, als dass aus Sicht der Verfolgungsbehörden die Verhängung von Untersuchungshaft oft zu einem frühen Geständnis führt (damit man wieder frei kommt) und damit hat man dann später eine einfache Hauptverhandlung und schnell ein rechtskräftiges Urteil.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Verhängung von Untersuchungshaft sind eigentlich sehr streng.

Es bedarf eines dringenden Tatverdachtes, also einer besonders hohen Verurteilungswahrscheinlichkeit.

Daneben muss entweder Fluchtgefahr, Verdunkelungsgefahr oder Wiederholungsgefahr gegeben sein.

Die Verdunkelungs- und Wiederholungsgefahr spielt in der Praxis keine besonders große Rolle. Denn die Verdunkelungsgefahr besteht im Prinzip erst, wenn jemand angefangen hat, auf Beweismittel einzuwirken. Und bei der Wiederholungsgefahr muss man schon annehmen können, dass der Betroffene ohne Haft sofort weitermacht.

Der häufigste Haftgrund ist deswegen die Fluchtgefahr, und die wird nicht selten einfach fingiert. Nach meiner Erfahrung flüchtet so gut wie niemand, selbst wenn er eine hohe Freiheitsstrafe zu erwarten hat. Denn wohin soll man auch erfolgreich auf Dauer flüchten, um sich dem Verfahren zu entziehen? Wer will schon sein restliches Leben inkognito in Südamerika verbringen?

Gleichwohl wird Fluchtgefahr von der Staatsanwaltschaft und leider dann auch von dem Ermittlungsrichter sehr häufig auch dann angenommen, wenn diese Annahme völlig fern liegt. Denn es gilt: U-Haft schafft Rechtskraft.

Man muss sich dieser Logik jedoch strikt widersetzen. Wer die Chancen auf ein faires Strafverfahren behalten will, darf sich nicht frühzeitig zur Sache einlassen. Zuvor muss der Mandant immer mit dem Verteidiger die Ermittlungsakte genauestens besprechen und danach kann, wenn es angezeigt ist, eine Einlassung zur Sache erfolgen. Aber das ist oft leichter gesagt als getan, wenn der Mandant davon ausgeht, dass die Welt zusammenbricht, wenn er nicht sofort wieder auf freien Fuß gelangt.

 

Ich hoffe, Sie konnten mit meinem Beitrag einen Einblick zum Thema „Untersuchungshaft“ erhalten. Melden Sie sich gern, wenn Ihnen etwas unklar ist oder Sie Rückfragen haben.

Ihr Carsten Sewtz

Fachanwalt für Steuerrecht & Steuerstrafrecht aus Leipzig