Wann hafte ich für fremde Steuern?

Dass man die eigenen Steuern zahlen muss, ist klar. Die Frage ist, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen man für Steuern eines anderen haftet.

Es gibt eine Fülle von einzelnen Haftungstatbeständen in den Steuergesetzen. Die in meiner Berufspraxis aber ständig vorkommenden Haftungstatbestände möchte ich hier einmal kurz skizzieren.

Es geht um die Haftung der gesetzlichen Vertreter und um die Haftung des
Steuerhinterzieher und des Gehilfen.

1. Haftung der Vertreter § 69 Abgabenordnung (AO)

Hinsichtlich des Personenkreises verweist § 69 AO auf die in § 34 und 35 AO bezeichneten Personen.

Das sind in der Hauptsache die bestellten (formellen) Geschäftsführer, die faktischen Geschäftsführer von juristischen Personen (zum Beispiel GmbH) und um die Verfügungsberechtigten, die über fremdes Vermögen verfügen können.

Gemäß § 69 AO haften diese Personen, wenn ihnen Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit bei der Erfüllung der ihnen auferlegten steuerlichen Pflichten vorzuwerfen ist.

Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn jemand die Sorgfalt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten imstande ist, in ungewöhnlich hohem Maße verletzt (BFH Bundessteuerblatt 89, 491).

Diese Haftungsnorm ist vor jeder Insolvenzantragstellung zu bedenken. Wenn Sie zum Beispiel als Geschäftsführer einer GmbH Insolvenz anmelden möchten, haften Sie für jede nicht gezahlte Steuer, wenn Ihnen im Nachhinein Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit
vorzuwerfen ist.

2. Die Haftung nach § 71 AO

Gemäß § 71 AO haftet der Täter oder Teilnehmer einer Steuerhinterziehung für die  verkürzten Steuern und die zu Unrecht gewährten Steuervorteile einschließlich der Zinsen.

Diese Haftungsnorm ist immer dann relevant, wenn der Täter oder Teilnehmer einer Steuerhinterziehung dafür sorgt, dass die Steuern eines Dritten hinterzogen werden. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Angestellter einer GmbH an einer Steuerhinterziehung betreffend die Gesellschaft teilnimmt oder man ganz einfach ansonsten Beihilfe zu fremden Steuerhinterziehungen leistet.

Ich gebe hierzu einmal ein Beispiel aus meiner Beratungspraxis, was man als tragischen Fall bezeichnen kann und bei dem ein Beratungsfehler zu schlimmen Folgen führte.

Zu mir kann man Mandant mit einem Haftungsbescheid über 71.000,00 €. Es handelte sich um einen alten Herren, der aus einem verwilderten Grundstück nach und nach einen naturbelassenen Garten angelegt hatte, in dem Kräuter und Ähnliches wuchsen. Dieses Grundstück war mit einem Zaun zur Straße abgegrenzt. Vor dem Zaun zur Straße war ein Bushäuschen, in dem verschiedene Personen immer illegal mit unverzollten Zigaretten handelten. Um ungestörter zu sein, stiegen sie über den Zaun in den Garten und beschädigten ständig den Zaun. Der alte Mann bot diesen Personen deswegen Einlass in seinen Garten, wo sie am Rand des Gartens in einem Unterstand ihre Geschäfte verrichten konnten. Dieser Herr erhielt später wegen Beihilfe zu Zollvergehen mit einem Zollschaden in Höhe von 71.000,00 € eine Geldstrafe in Höhe von 80 Tagessätzen á 20,00 €. Er ging damit zu einem Anwalt und fragte, ob es Sinn mache, dagegen Einspruch einzulegen. Der Anwalt meinte, die Beweissituation sei eindeutig und eine Geldstrafe von 1.600,00 € sei auch nicht zu viel. Der Strafbefehl wurde rechtskräftig.

Kurze Zeit später erlies der Zoll einen Zollbescheid über 71.000,00 € gegen den Mandanten aus § 71 AO. Denn es stand ja nun rechtskräftig fest, dass er Beihilfe geleistet hatte zu Zollvergehen in Höhe von 71.000,00 €. Der Mann war ruiniert und gegen den Haftungsbescheid konnte man wegen der rechtskräftigen Strafe nichts mehr machen.

In einem Gerichtsverfahren nach erfolgtem Einspruch hätte man erfahrungsgemäß leicht darauf dringen können, einen wesentlich niedrigeren Zollschaden anzunehmen. Dann hätte man für einen wesentlich niedrigeren Betrag gehaftet.

Oder es wäre unter Umständen auch möglich gewesen, das Verfahren über § 153 a StPO einzustellen. Dann wäre kein Präjudiz in der Haftungsfrage ergangen.

Bei der Strafverteidigung ist eben immer auch die mögliche Haftung des Mandanten in den Blick zu nehmen.

 

Ich hoffe, Sie konnten mit meinem Beitrag einen Einblick zum Thema „Haftung im Steuerrecht“ erhalten. Melden Sie sich gern, wenn Ihnen etwas unklar ist oder Sie Rückfragen haben.

Ihr Carsten Sewtz

Fachanwalt für Steuerrecht & Steuerstrafrecht aus Leipzig