Die meisten Straftaten sind Vorsatzdelikte. D. h., Sie können nur bestraft werden, wenn der Tatrichter die volle richterliche Überzeugung davon gewonnen hat, dass Sie vorsätzlich gehandelt haben.

Ein Vorsatz ist allerdings sehr viel schneller angenommen, als die meisten glauben.

Für fast alle Straftaten reicht die schwächste Form des Vorsatzes (Dolus eventualis = billigende Inkaufnahme).

Es gibt drei Formen des Vorsatzes, nämlich:

a) bedingter Vorsatz (Dolus eventualis)

b) direkter Vorsatz (Dolus directus) sowie

c) Absicht im technischen Sinne.

Zu a) bedingter Vorsatz

Der bedingte Vorsatz setzt sich wie die anderen Vorsatzformen auch aus einem Wissenselement und einem Willenselement zusammen.

Für das Wissenselement reicht das Wissen aus, dass der gesetzliche Tatbestand möglicherweise objektiv verwirklicht ist wird.

Beispiel1:

Ich gebe die Steuererklärung ab und weiß nicht genau, ob sie richtig ist.

Beispiel 2:

Ich fahre mit 100 km/h durch die Stadt und weiß, dass das gefährlich ist und ich möglicherweise jemanden überfahre.

Für das Wollenselement reicht jetzt eine innere Gleichgültigkeit gegenüber dem Erfolgseintritt im Sinne eines „na wenn schon!“

Bei der Steuererklärungen und einem entsprechenden Gefahrenbewusstsein unterstellt man Ihnen diese innere Gleichgültigkeit, wenn Sie nichts unternommen haben, um sich zu vergewissern.

Sie handeln also bedingt vorsätzlich, wenn Sie dem Erfolgseintritt innerlich gleichgültig gegenüberstehen, und das wird Ihnen unterstellt, wenn Sie nicht genug dafür tun, damit der Taterfolg ausbleibt.

Damit unterscheidet sich der bedingte Vorsatz, der für die Erfüllung des Betrugstatbestandes, der Untreue, der Steuerhinterziehung usw. ausreichend ist, nur sehr geringfügig von der straflosen bewussten Fahrlässigkeit.

Denn das Wissenselement beim bedingten Vorsatz und bei der bewussten Fahrlässigkeit ist gleich. Der Täter weiß, dass sein Handeln gefährlich ist in Bezug auf einen bestimmten Taterfolg.

Während aber der bedingt vorsätzlich handelnde Täter diesem Taterfolg innerlich gleichgültig gegenübersteht (na wenn schon), hofft der bewusst fahrlässig Handelnde, auf das Ausbleiben des Taterfolges „es wird schon gut gehen“.

Der bewusst fahrlässig Handelnde weiß also, dass er gefährlich handelt, vertraut aber darauf, dass es nicht zum Erfolgseintritt kommt.

Das ist ein sehr schmaler Grat, der aber strafbares von straflosem Verhalten unterscheidet.

Zu b) direkter Vorsatz

Beim direkten Vorsatz weiß der Täter, dass er den Taterfolg herbeiführt und will das auch.

Beispiel:

Der Täter fährt das Fluchtauto und überfährt mit hoher Geschwindigkeit einen Passanten, um zu entkommen. Der Täter weiß sicher, dass er den Passanten damit tötet, auch wenn es ihm darauf gar nicht ankommt.

Fazit

Strafrechtlich interessant ist nur die Frage, ob billigende Inkaufnahme oder bewusste Fahrlässigkeit vorliegt. Die anderen beiden Vorsatzformen sind unproblematisch.

Will man aber an der Stellschraube Vorsatz drehen, bedarf es zwingend einer Einlassung. Niemand wird Ihnen glauben, dass Sie den Taterfolg nicht wollten und darauf vertraut haben, dass er ausbleibt, wenn Sie das nicht selbst vortragen und mit Argumenten unterfüttern.

 

Ich hoffe, Sie konnten mit meinem Beitrag einen Einblick zum Thema „Der Vorsatz“ erhalten. Melden Sie sich gern, wenn Ihnen etwas unklar ist oder Sie Rückfragen haben.

Ihr Carsten Sewtz

Fachanwalt für Steuerrecht & Steuerstrafrecht aus Leipzig