Es gibt letztlich nur eine wichtige Handlungsanleitung für den Betroffenen bei Hausdurchsuchungen:

SCHWEIGEN, SCHWEIGEN, SCHWEIGEN.

Alles andere ist unwichtig.

Ein erheblicher Anteil von Steuerstrafverfahren wird nur deswegen aufgeklärt, weil der Steuerfahnder anlässlich der Hausdurchsuchung den Überraschungseffekt ausnutzt und den Beschuldigten zum Reden bringt.

Das ist auch nicht weiter verwunderlich, denn die Ausgangslage ist für den Betroffenen einer Hausdurchsuchung äußerst schlecht.

Der Betroffene wird in seinem häuslichen oder betrieblichen Bereich überrascht. Zehn oder mehr fremde Personen dringen in seine Lebensräume ein und durchsuchen jeden Winkel.

Diese Ausnahmesituation wird von den Steuerfahndern natürlich ausgenutzt. Die Steuerfahnder sind Profis in Sachen Informationsgewinnung. Sie verstehen es, auf den Betreffenden Druck auszuüben oder sehr freundlich und beratend rüberzukommen und den Betroffenen jedenfalls in Gespräche zu verwickeln. Das alles ist natürlich kein Smalltalk, sondern die Steuerfahnder machen einfach ihren Job und versuchen Informationen zu generieren.

Es gibt ganz häufig gute Erklärungen, mit denen man Verdachtsmomente ausräumen kann. Und gerade in Steuerstrafverfahren arbeite ich fast immer mit einer Einlassung und lasse den Mandanten nicht schweigen. Aber die Durchsuchung ist absolut der falsche Zeitpunkt dafür.

Ein Oberstaatsanwalt hat es anlässlich einer groß angelegten Durchsuchung eines gewerblichen Mandanten einmal wie folgt auf den Punkt gebracht:

„Herr Sewtz, die Durchsuchung ist nicht die Stunde der Verteidigung.“

Damit wollte er meine Einwände gegen die Art und Weise der Durchsuchung abbügeln, hat aber vielleicht unbewusst eine Wahrheit ausgesprochen.

Wenn man den Strafprozess als Informationsgewinnungsprozess ansieht, dann kann der Beschuldigte immer nur Informationen hinzufügen und nie generierte Informationen wegnehmen. Was Sie dem Steuerfahnder einmal gesagt haben, wird dieser sich notieren und in den Akten vermerken. Danach wird die Information überprüft und wenn Sie gelogen haben, brauchen Sie getreu dem Motto „und wer einmal lügt, dem glaubt man nicht“ gar nichts mehr erzählen.

Deswegen darf das, was man im Steuerstrafverfahren vorträgt, von der Steuerfahndung niemals widerlegt werden.

Der früheste Zeitpunkt, etwas zur Sache vorzutragen ist nach Akteneinsicht. Erst wenn die Ermittlungen abgeschlossen sind und der Verteidiger die Ermittlungsakten bekommt, bekommen der Beschuldigte und sein Verteidiger den gleichen Informationsstand wie die Bußgeld- und Strafsachenstelle und die Staatsanwaltschaft. Dann erst kann entschieden werden, was man vernünftigerweise zur Sache vorträgt. Und dabei muss natürlich daran gedacht werden, dass dieser Sachvortrag nicht widerlegt wird. Man muss also auch an die Möglichkeiten der Überprüfung durch die Strafverfolgungsbehörden denken.

Auf keinen Fall sollte man aber spontan bei der Hausdurchsuchung irgendetwas zur Sache sagen. Das gibt selbst dann, wenn Sie das für unproblematisch halten. Denn erstens können Sie das in dem Stress wahrscheinlich gar nicht selbst beurteilen und zweitens wäre es verdächtig, wenn Sie zu dem einen „unverdächtigen“ Teil etwas sagen und zu dem anderen Sachverhalt, nach dem Sie befragt werden, plötzlich schweigen.

Seien Sie einfach freundlich und machen Sie von Ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen. Rufen Sie, wenn es geht, sofort einen Verteidiger an, der sofort kommt und darauf aufpasst, dass Sie nichts sagen.

Lassen Sie im Fall der Durchsuchung Ihres Betriebes auf keinen Fall zu, dass Ihre Mitarbeiter vernommen werden. Wenn die Mitarbeiter anlässlich der Hausdurchsuchung in Ihren Betriebsräumen vernommen werden, sprechen Sie sofort ein Hausverbot aus. Denn die Vernehmungsbeamten halten sich dann illegal in Ihren Räumen auf, denn der Durchsuchungsbeschluss rechtfertigt lediglich das Betreten und Verweilen der Steuerfahnder in Ihren Betriebsräumen zum Zwecke der Durchsuchung und Beschlagnahmung. Kein Richter hat die Erlaubnis erteilt, Ihre Betriebsräume zu betreten und darin zu verweilen, um dort Ihre Angestellten zu vernehmen.

Ihre Angestellten sind dem Steuerfahnder oder den anderen Durchsuchungsbeamten auch nicht weisungsunterworfen. Die Angestellten können tun und lassen was sie wollen, sich also auch zum Beispiel vom Ort der Durchsuchung entfernen. Sie können Ihre Angestellten im Fall der Durchsuchung also auch einfach nach Hause schicken.

Es ist unheimlich schwer, sich als Beschuldigter in einer Durchsuchungssituation professionell, also schweigend, zu verhalten. Wir sind einfach von klein auf darauf geimpft, auf Fragen zu antworten. Alles andere gilt einfach als unhöflich.

Die Regeln der Höflichkeit gelten aber gegenüber dem Steuerfahnder nicht, wenn es um ein Gespräch um die steuerlichen Sachverhalte geht. Dafür ist nach Akteneinsicht immer noch Zeit.

Seien Sie also freundlich, aber machen Sie auch ganz bestimmt deutlich, dass Sie sich zu diesem Zeitpunkt nicht zur Sache äußern werden.

Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen. Wenn Ihnen irgendetwas komisch vorkommt, was der Steuerfahnder zu Ihnen sagt, um Sie unter Druck zu setzen, notieren Sie sich ganz offensichtlich dessen Namen und schreiben auf, was er gesagt hat. Und danach schweigen Sie dazu.

Ich hoffe, Sie konnten mit meinem Beitrag einen Einblick zum Thema „Verhalten bei Hausdurchsuchung“ erhalten. Melden Sie sich gern, wenn Ihnen etwas unklar ist oder Sie Rückfragen haben.

Ihr Carsten Sewtz

Fachanwalt für Steuerrecht & Steuerstrafrecht aus Leipzig