Sicher haben Sie schon davon gehört, dass die Bußgeld- und Strafsachenstelle und die Steuerfahnder sogenannte Strafmaßtabellen verwenden. Die Strafmaßtabelle der Leipziger Steuerfahndung sieht z. B. folgende Tagessätze für bestimmte Hinterziehungsbeträge vor:

bis 1.000,00 €
bis 5.000,00 €
bis 10.000,00 €
bis 15.000,00 €
bis 20.000,00 €
bis 25.000,00 €
bis 30.000,00 €
bis 35.000,00 €
bis 40.000,00 €
bis 45.000,00 €
bis 50.000,00 €
5 - 10 Tagessätze
10 - 30 Tagessätze
30 - 60 Tagessätze
60 - 100 Tagessätze
100 - 140 Tagessätze
140 - 180 Tagessätze
180 - 220 Tagessätze
220 - 260 Tagessätze
260 - 300 Tagessätze
300 - 330 Tagessätze
330 - 360 Tagessätze

Der Hinterziehungsbetrag ist jeweils bezogen auf eine Steuerart in einem Jahr, also z. B. Einkommensteuer 2017 oder Umsatzsteuer 2018 oder Gewerbesteuer 2019. Denn wegen des Prinzips der Jahresabschnittsbesteuerung ist die Hinterziehung einer Steuerart in einem Veranlagungsjahr jeweils eine strafrechtlich zu ahndende Tat.

Wenn Sie also durch eine Handlung in einem Jahr sowohl Umsatzsteuer als auch Einkommensteuer hinterziehen, begehen Sie zwei Taten. Jede Tat ist separat zu ahnden.

Bei einer Steuerhinterziehung von bis zu 1.000,00 € soll also z. B. eine Tagessatzanzahl von 5 bis10 Tagessätzen festgelegt werden.

Die Tagessatzanzahl bestimmt also die eigentliche Höhe der Geldstrafe. Wesentlich für die zu zahlende Geldsumme ist aber auch der persönliche Tagessatz. Denn die Geldstrafe berechnet sich nach: Tagessatzanzahl x Tagessatzhöhe.

Bei der Tagessatzhöhe gilt das Tagesnettoprinzip. Der Tagessatz ist danach das monatliche Nettoeinkommen abzüglich aller Vorsorgeaufwendungen und abzüglich von Unterhaltspflichten: 30.

Verdient man also 3.000,00 € netto und hat man keine Unterhaltspflichten, beträgt der Tagessatz 100,00 €.

Bei einer Steuerhinterziehung bis zu 1.000,00 € soll die Geldstrafe nach der Strafmaßtabelle also

5 – 10 × 100,00 € = 500,00 € – 1.000,00 €

festgesetzt werden.

Beträgt der persönliche Tagessatz aber 300,00 €, werden

5 – 10 × 300,00 €

festgesetzt.

Der Täter mit einem dreimal höheren Nettoeinkommen zahlt also dreimal so viel wie der Täter mit dem geringeren Nettoeinkommen. Die Bußgeld- und Strafsachenstelle und auch die Gerichte gehen dann davon aus, dass beide gleich bestraft worden sind. Denn das strafrechtliche Unrecht spiegelt sich nur in der Tagessatzanzahl wider.

Mit der Strafmaßtabelle versuchen die Bußgeld- und Strafsachenstellen und Steuerfahnder ein gewisses Gleichmaß bei der Beurteilung der anstehenden Fälle walten zu lassen. Die Strafmaßtabelle ist aber mitnichten schematisch anzuwenden. Grundlage für die Strafzumessung ist gemäß § 46 StGB die Schuld des Täters. Des Weiteren sollen die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, zu berücksichtigen sein.

Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

  • die Beweggründe und Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche oder sonstige menschenverachtende,
  • die Gesinnung, die aus der Tat spricht und der bei der Tat aufgewendete Wille,
  • das Maß der Pflichtwidrigkeit,
  • die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,
  • das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie
    sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wieder gutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (§ 46 Abs. 2 StGB).

Bei Steuerhinterziehungstaten ist in erster Linie der Hinterziehungsbetrag maßgebendes Kriterium für die Strafzumessung. Das spiegelt sich in der Strafmaßtabelle wider. Aber wie § 46 StGB bereits vorgibt, sind natürlich eine Reihe weiterer Kriterien zu berücksichtigen.

Die wichtigste Strafzumessungsregel findet sich aber nicht im Gesetz. Jedenfalls bei einem verteidigten Mandanten spielt neben der Höhe der behaupteten Steuerhinterziehung die Frage der Beweisbarkeit eine Rolle. Wenn Unsicherheit herrscht, ob es sich überhaupt um Steuerhinterziehung handelt und ob das Ganze vor Gericht auch bewiesen werden kann, hat die Verteidigung naturgemäß eine völlig andere Verhandlungsposition gegenüber der Bußgeld- und Strafsachenstelle sowie der Steuerfahndung und später auch bei Gericht, als wenn die Tat feststeht und einfach zu beweisen ist.

Wenn die Verteidigung argumentieren kann, dass es sich eigentlich nicht um Steuerhinterziehung handelt und man vor Gericht voraussichtlich einen Freispruch erwirken würde, sind Bußgeld- und Strafsachenstelle sowie Steuerfahndung zu weitaus größeren Kompromissen bereit, als wenn sich die von dieser Seite angebotene Sanktion bereits als Gnadenakt darstellen lässt.

Dabei darf man nicht vergessen, dass beide Parteien, also sowohl der Beschuldigte als auch die Steuerfahndung und die Bußgeld- und Strafsachenstelle, das gemeinsame Interesse an einer zügigen außergerichtlichen Verfahrenserledigung eint. Man muss versuchen, gemeinsam die Tür zu finden, durch die alle gehen können. Und in diesen Verhandlungen spielt es selbstredend eine große Rolle, ob die Verteidigung argumentieren kann, dass eigentlich keine Steuerhinterziehung vorliegt, dass man aber bereit sei, eine gewisse Geldauflage zu zahlen, um dem Mandanten den Instanzenzug vor Gericht zu ersparen, oder ob der Mandant beweismäßig auf dem Kreuz liegt.

 

Ich hoffe, Sie konnten mit meinem Beitrag einen Einblick zum Thema „Strafmaßtabelle der Steuerfahndung“ erhalten. Melden Sie sich gern, wenn Ihnen etwas unklar ist oder Sie Rückfragen haben.

Ihr Carsten Sewtz

Fachanwalt für Steuerrecht & Steuerstrafrecht aus Leipzig

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