In Strafverfahren muss sich niemand selbst belasten. Das war im Mittelalter anders. Damals galt nur ein Geständnis des Angeklagten als Beweis. Deswegen wurde der Angeklagte solange gefoltert, bis er gestanden hat.

Vor dieser Praxis ist man glücklicherweise abgerückt.

Gleichwohl gilt die Selbstbelastungsfreiheit im Steuerstrafrecht de facto nur eingeschränkt. Denn parallel zu dem Steuerstrafverfahren läuft zumeist noch das Besteuerungsverfahren. Während es im Steuerstrafverfahren um die Frage geht, ob Sie sich strafbar gemacht haben und wie Sie zu bestrafen sind, geht es im Besteuerungsverfahren allein um die Höhe der Steuer. Beide Verfahren hängen natürlich eng miteinander zusammen. So kann z. B. der Steuerfahnder auch die Besteuerungsgrundlagen für das Besteuerungsverfahren mit prüfen und bearbeiten und umgekehrt kann auch z. B. der Betriebsprüfer Arbeitsergebnisse liefern, welche die BuStra dann oftmals einfach übernimmt.

Und in dem Besteuerungsverfahren gilt weiterhin eine Mitwirkungspflicht des Betroffenen, auch wenn parallel ein Strafverfahren läuft, welches den gleichen Sachverhalt betrifft. Der einzige Vorteil ist, dass die Mitwirkungspflicht nicht durchgesetzt werden kann durch Zwangsmittel. Aber die fehlende Mitwirkungspflicht berechtigt das Finanzamt z. B. zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen und das ist selten ein Vorteil für den Steuerpflichtigen.

Man kann also zusammenfassen, dass man im Steuerstrafverfahren zwar schweigen kann, im Besteuerungsverfahren parallel aber zur Mitwirkung verpflichtet bleibt. Es muss deswegen prozesstaktisch entschieden werden, wann man in welchem Verfahren in welcher Form mitwirkt oder ob und wie lange man sich lieber passiv verhält.

 

Ich hoffe, Sie konnten mit meinem Beitrag einen Einblick zum Thema „Die Selbstbelastungsfreiheit“ erhalten. Melden Sie sich gern, wenn Ihnen etwas unklar ist oder Sie Rückfragen haben.

Ihr Carsten Sewtz

Fachanwalt für Steuerrecht & Steuerstrafrecht aus Leipzig