Steuern sparen

Ein interessanter neuer Fall wartet auf Klärung. Jemand gründet eine gemeinnützige Stiftung zu Würdigung und Förderung eines bestimmten Künstlers. Dadurch ist die gemeinnützige Stiftung berechtigt, Spendenquittungen auszustellen, die andere einkommensteuermindernd in ihren Steuererklärungen verwenden können. Hierzu spenden mehrere einkommensstarke Personen Werke dieses Künstlers, die sich in ihrem Eigentum befinden, als sogenannte Sachspende dem gemeinnützigen Verein. Im Gegenzug erhalten sie eine Spendenquittung.

Je höher die Spendenquittung ist, desto größer der steuerliche Vorteil. Die Spendenquittung muss ausgestellt werden in Höhe des Wertes der Sachspende. Die gemeinnützige Stiftung orientiert sich bei der bescheinigten Spendenhöhe an Wertgutachten der gespendeten Kunstwerke.

Nun bezweifeln die Steuerfahndung und die Staatsanwaltschaft, dass die gespendeten Kunstwerke so viel wert waren, wie in den Spendenquittungen ausgewiesen. Sie leiten Steuerstrafverfahren ein gegen den Inhaber und Leiter der gemeinnützigen Stiftung und gegen alle Personen, welche die Kunstwerke als Sachspende geleistet haben und die Spendenquittungen hier in ihren Steuererklärungen verwendet haben. Denn die Staatsanwalschaft und die Bußgeld- und Strafsachenstelle vermuten, dass die gespendeten Kunstwerke einen niedrigeren Wert haben als in den Spendenquittungen ausgewiesen.

Aber handelt es sich hier um Steuerhinterziehung? Strafbar ist gem. § 370 Abs. 1 Nr.1 AO, wer den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht. Angaben wiederum sind Tatsachen in Abgrenzung zu Werturteilen.

Ist der Wert eines Gegenstandes wie hier eines Kunstwerkes aber eine Tatsache?

Der Bundesfinanzhof hat diese Frage in seiner Entscheidung vom 17.05.2017 verneint (Urteil BFH vom 17.05.2017, Az.:  II R 60/15)

Dem lag folgender Fall zu Grunde:

Jemand erbte ein Grundstück und man bemaß den Wert des Grundstücks und damit den Wert des Erbes auf 1 Million €. Nachdem der entsprechende Erbschaftssteuerbescheid rechtskräftig geworden war, veräußerte der Erbe das Grundstück und konnte trotz größter Bemühungen nur 900.000,00 € erzielen. Also beantragte er gem. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO eine Änderung des bereits rechtskräftigen Erbschaftsteuerbescheides mit der Begründung, der niedrigere Wert der Eigentumswohnung sei eine neue Tatsache.

Laienhaft könnte man spontan sagen, dass es ja eine Tatsache sei, dass die Eigentumswohnung nur einen Wert von 900.000,00 € aufgewiesen habe. Dies ist von einem Finanzgericht auch schon mal so entschieden worden (FG Berlin-Brandenburg, 24.03.2010, Az.: 3 K3258/06).

Das Thüringer Finanzgericht hat dies in der Entscheidung vom 27.10.2015 in dem oben beschriebenen Fall mit der Eigentumswohnung aber anders gesehen (2 K 782/2014). Deswegen ging die Sache an den BFH, der entschied, dass der Wert einer Eigentumswohnung eben keine Tatsache sei. Man kann lediglich aus dem späteren Verkauf der Eigentumswohnung i. H. v. 900.000,00 € auf den Verkehrswert schließen, aber der nicht der Wert ist die Tatsache, sondern der vorhergehende Verkauf i. H. v. 900.000,00 €.

Die Entscheidung ist meines Erachtens richtig. Denn Tatsache ist alles, was dem Beweis zugänglich ist. Bewiesen werden aber kann nicht, was zum Beispiel ein berühmtes Gemälde von van Gogh wert ist, sondern man kann nur aus dem Verkauf anderer Gemälde van Goghs schließen, welchen Verkehrswert ein bestimmtes noch nicht verkauftes Gemälde wohl haben müsste.

Für den vorliegenden Fall scheidet daher meines Erachtens eine Steuerhinterziehung schon deswegen aus, weil die Steuerpflichtigen keine falschen Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen gemacht haben. Und zwar unabhängig davon, ob andere Gutachter bezüglich der gespendeten Kunstwerke zu anderen Werten kommen oder nicht.

Der Fall ist offen. Die Staatsanwaltschaft hat erst einmal ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben und erwartungsgemäß kommt der dortige Gutachter zu einem anderen Ergebnis als der Gutachter, auf dem die Höhe der Sachspenden beruhen.

Die Frage, ob die Wertangabe bei der Sachspende eine Tatsache ist, wird sowohl im Strafverfahren als auch wahrscheinlich im Besteuerungsverfahren eine Rolle spielen. Denn auch in steuerlicher Hinsicht kommt es darauf an, ob neue Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen (§ 173 Abs. 1 Nr.1AO).

Der von dem Gutachter der Staatsanwaltschaft angenommene Wert, ist nach der Rechtsprechung des BFH schon mal keine neue Tatsache. Ein anderes Gutachten könnte aber ein neues Beweismittel darstellen.

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Carsten Sewtz – Anwalt für Steuerstrafrecht

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